Mit über 30 Dienstjahren die Dienstältesten Feuerlauftrainer Europas

Feuerlaufen auf der Südhalbkugel

auf dem Ngorongoro Kraterrand, Tansania, auf 2000 m.ü.M.
Montag, 13.10.2008

Wir erreichen das private Camp am Abend auf dem Kraterrand des Nationalparks. Vor dem Gemeinschaftszelt sind 26 Stühle im Kreise aufgestellt. Inmitten lodert ein Feuer, welches von einem Massai hergerichtet wird...

Hier geniessen wir alle von der Kilimanjaro-Expedition gemeinsam einen Apéro am Lagerfeuer, bevor wir im Zelt das Nachtessen erhalten. Nach dem Essen begeben sich einige zur Nachtruhe in die Zweierzelte. Gegen 20 Teilnehmer treffen sich wieder ums Feuer. Es ist etwa 21.00 Uhr. Jemand spielt leise Gitarre und einige singen dazu. Während den Pausen wird geplaudert. Der Massai hat so viel Holz zugelegt, dass das Lagerfeuer schon ziemlich mächtig in die Runde leuchtet. Links erklärt eine Nachbarin, dass man angesichts dieser Stimmung eigentlich über das Feuer laufen könnte. Sie habe mal etwas davon gehört. Eine andere Teilnehmerin rechts von mir ergänzt, dass ihr Bruder, welcher auch in der Runde sitzt, dies schon einmal erlebt habe. Ich verwickle mich gerne in dieses Gespräch und erkläre, dass dieser Vorschlag durchführbar wäre, da ich seit langer Zeit das Feuerlaufen anbiete. Diese Aussage wird vorerst nicht ernst genommen. Nach einigen Minuten hat dieses Gespräch aber die ganze Gruppe erfasst. Ich spreche mit dem Manne, welcher bereits einmal einen Feuerlauf erlebt hatte. Er wäre dabei, dieses Ritual mit mir durchzuführen. Alle sind interessiert, und ich frage die Gruppe, ob wir wirklich dieses Ritual vortragen sollen. Die Einstimmigkeit ermutigt mich, diese zufällige Gegebenheit zu nutzen. Ich stehe auf und erkläre der Gruppe, dass dies hier möglich sei unter gewissen Bedingungen. Die Gruppe müsse sich weiterhin ruhig und besonnen verhalten und niemand dürfe von sich aus die Glut überqueren.

Ein paar Wenige begeben sich zur Nachtruhe. Es geht mir darum, dass auf keinen Fall Unfälle auftreten können. Alle sind einverstanden und die ersten Fragen werden gestellt. Ich beantworte diese Fragen ähnlich wie an einem "normaIen" Feuerlaufvvorkshop. Die Gruppe rückt immer näher zusammen und nach einer knappen Stunde ist diese Gruppe erstaunlich weit eingestimmt. Die Vorbereitung findet auf einer ganz speziellen Ebene statt. Unser Bergführer holt ein breites Baumblatt von etwa einem Meter Länge (verholzt) und ich erkläre ihm, dass er den Gluthaufen damit ausbreiten könne. Er macht dies ausgezeichnet, als hätte er schon immer solche Glutteppiche hergerichtet. Letztlich liegt ein solcher vor uns in der Grösse von gut zwei Metern Länge und einem knappen Meter Breite. Alle gehen nahe an die Glut und sind erstaunt von der gewaltigen Hitze, die da herausströmt. Ich erkläre der Gruppe, dass es noch einige Minuten dauert, bis dass sich der Feuerdrachen gelegt hätte. Die Gruppe verhält sich absolut ruhig und respektvoll. Alsdann ist es so weit. Ich begebe mich vor die Glut und stimme mich ein. Ich bin sehr aufgewühlt und zittere etwas. Dann ist es so weit. Ich überquere die Glut und fühle eine äusserst stechende Hitze, bin aber unversehrt. Dann laufe ich ein zweites Mal und hole anschliessend den Feuerlauferfahrenen zu mir. Vor der Glut spreche ich mit ihm intensiv. Er ist voll konzentriert und überzeugt, dass er laufen kann. Ich erkläre ihm, dass er zu Beginn auf jeden Fall etwas zügig laufen solle, da die Temperatur sehr hoch sei. Nach einer Weile der Konzentration läuft auch er unversehrt über die Glut. Ich erwähne, dass auch andere Gruppenteilnehmer laufen könnten. Zögernd bewegen sich 3 - 4 Teilnehmer auf mich zu beim "Startplatz". Dort spreche ich mit ihnen. Einer scheint mir bereit zu sein. Im direkten Blickkontakt spüre ich, dass er dies unversehrt schaffen kann. Dann, nach kurzer Konzentration, läuft er über die Glut. Mit den anderen Laufwilligen führe ich das gleiche Ritual durch. Jemanden bitte ich, noch zuzuwarten. Einige laufen der Reihe nach durch die Glut und fühlen sich äusserst präsent und gut. Letztlich sind es etwa acht Teilnehmer, die die Glut überquert haben. Ich bin mehrmals gelaufen, da ein Gruppenteilnehmer Einwände und Erklärungen über das Nichtverbrennen liefert. Ich wünschte, er würde auch laufen, da er von seinen physikalischen Erklärungen überzeugt ist. Er winkt aber vehement ab und ich merke, dass er nie bereit wäre, diesen Teppich unbeschadet zu überqueren.

Der Feuerlauf wirkt noch lange nach. Auch während der folgenden Tage wird immer wieder darauf zurückgekommen und die meisten sind sehr beeindruckt davon, was sie erlebt haben. Einige die nicht gelaufen sind, wollen unbedingt nach der Rückkehr in die Heimat an einem Feuerlauf teilnehmen.

Ich selbst habe mir als einziger drei grosse und schmerzhafte Verbrennungen zugezogen. Ich schlafe sehr schlecht. Zwei grosse Blasen am kleinen Zehen des linken Fusses und am grossen Zehen des rechten Fusses. Dazu die Hälfte des linken Fussoberteiles ist grossflächig errötet wie nach einem Sonnenbrand. Ich erinnere mich, dass ich etwa bei der vierten Überquerung eingesunken bin (Glutmulde) und die Glut meinen linken Fuss überschwemmte. Es fühlte sich stechend an, wie heisses Wasser. Die Schmerzen verstärkten sich, insbesondere an einem Punkt, bis ins Morgengrauen. Nach einer knappen Woche schält sich die Haut wie bei einem Sonnenbrand (keine Blasen). Die Fussunterseiten, wo sonst Verbrennungen auftreten, sind unversehrt geblieben.

Dieser spontane, also absolut nicht geplante, nicht einmal erträumte Feuerlauf war eine intensive Begegnung mit einer äusserst interessanten Gruppe. Ich wurde sehr stark gefordert und schreibe meine Verbrennungen dem hohen Energiebedarf zu. Es ist aber wunderbar, dass keiner der Gelaufenen eine Verletzung beklagt. Es entstand etwas aus dem Nichts. Dies war für mich eine grosse Sache und bedeutete nach 197 Feuerläufen mein erster Feuerlauf auf der Südhalbkugel unter ganz speziellen Vorzeichen. Der über uns liegende Vollmond gab diesem Feuerlauf einen ganz besonderen Touch.

Der Massai verwendete für das Feuer das Holz von Schirmakazien. Dieses wird im Internet als eines der härtesten Hölzer bezeichnet. Diesem Umstand schreibe ich die gewaltige Leitfähigkeit zu. Ich verspürte dieses bedeutend stärker als beispielsweise bei Buchenholz. Ich nehme an, dass dieses Akazienholz mit der Eiche vergleichbar ist. Weiter finde ich im Internet folgende Erklärungen:

  • Das Holz ist 100% Natur und bürgt für eine lange Lebensdauer (Möbel, Unterwasserbauten, Bootsbau, Zaunpfähle, Masten, Turngeräte etc.).
  • Die Dauerhaftigkeit des Akazienholzes ist zweimal länger als diejenige des Druckimpräagnierten und das ohne jegliche Behandlung.
  • Das harte Holz ist zäh, elastisch, biegsam und sehr dauerhaft. Es lässt sich schwer aber gut drechseln und Ieimen. Schwer spaltbar, gut zu Polieren.

Der Massai ist etwas verunsichert über unser Feuerlaufen. Es kommen drei unserer schwarzen Träger dazu, die unser Ritual ebenfalls nicht gut einordnen können. Sie scheinen aber sehr beeindruckt zu sein, da die Gruppe sehr konzentriert wirkt (keine Festzeltstimmung).

 Massai beim zubereiten des FeuersAkazienglut auf über 2000 Metern Höhe